In den letzten Monaten erleben wir es wieder häufiger, dass sich uns Menschen neugierig nähern. Sie wollen wissen, was hinter dem öffentlichen Stiller steckt. Sie wollen uns näher kommen, sie wollen Kontakt, sie wollen, dass wir reden.
Aber wir reden nicht.
Wir können reden, das ist es nicht. Wir verdienen unser Geld mit Reden und mit Kommunikation. In dem Konzern, in dem wir arbeiten, gelten wir vielen Menschen als der Experte für Kommunikation. Aber das ist nur der öffentliche Stiller. Der private Stiller redet nicht. Oder präziser:
Er redet beinahe nie.
Der private Stiller ist da und nimmt wahr, sonst nichts.
Er kann auch reden.
Aber fast immer gilt:
Er redet nicht.
Ja, und jetzt?
Wir sind vielen Menschen begegnet, die unsere ausgeprägte Schweigsamkeit für eine „Attitüde“ hielten. Sie sagten dann:
„Der will sich nur interessant machen.“
Wenn wir damit konfrontiert wurden, haben wir diesen Menschen immer Recht gegeben:
Selbstverständlich wollten wir uns nur interessant machen. Was denn sonst?! War doch wirklich naheliegend, oder?
Und so waren wir zum einen diese Leute wieder los, und zum anderen hatten sie ihren inneren Frieden, weil ihr Weltbild einmal mehr bestätigt worden war.
Es gibt immer wieder Lösungen, die lassen alle Beteiligten als Gewinner zurück.
Wir sind Menschen begegnet, die hatten den Eindruck, dass wir uns mit einer „Mauer des Schweigens“ umgaben. Diese Menschen glaubten, diese Mauer überwinden zu müssen. Manche haben versucht, sie abzureißen. Besonders garstige Menschen haben versucht, sie zu sprengen. (Gruß an alle Psychotherapeuten dieser Welt).
Aber wir können euch versichern:
Da ist keine Mauer. Keine Mauer des Schweigens und auch sonst keine Mauer. Wenn du auf’s Meer hinaus segelst – kommt da eine Mauer? Wenn du durch ein ausgedehntes Nebelfeld gehst – ist das eine Mauer? Wenn du in eine sehr tiefe und ganz dunkle Nacht hineingehst, in der du gar nichts mehr sehen kannst – ist das eine Mauer?
Wie überwindest du den Nebel?
Wie sprengst du das Meer?
Wie reißt du die ganz dunkle Nacht ab?
Alles Unsinn also.
Wir sind jüngst wieder Menschen begegnet, die uns sagten, dass sie uns kennenlernen wollten. Wir können solchen Menschen mit Bestimmtheit sagen:
„Nein, das willst du nicht. Das willst du nicht nur ein bisschen nicht, das willst du ganz viel und ganz bestimmt und ganz sicher nicht.“
Und solange du nicht wirklich in Seelendingen erfahren und weitgereist bist, solltest du davon Abstand nehmen zu versuchen, uns kennenzulernen.
Was du in uns finden würdest, wäre derart verstörend und verletzend für dich, dass deine Seele wirklich schweren Schaden nehmen würde. Lerne was anderes kennen – irgendwas, was zu dir passt. Irgendwas harmloses. Irgendwas, was deinen Bezugsrahmen nicht derart sprengt. Aber nicht uns. Lass‘ die Finger von uns.
Immer wieder haben wir den Eindruck, dass Menschen glauben, uns helfen zu müssen. Wir bitten sie nicht darum. Wir geben auch keine versteckten Signale, dass wir unbedingt Hilfe brauchen. Dieses „Ich muss dir helfen!“ ist in diesen Menschen drin. Das hat nichts mit uns zu tun.
Ganz oft haben wir den Eindruck, dass diese Menschen glauben, dass ihre Liebe uns heilen und erlösen würde.
Ja, wir suchen nach Heilung und Erlösung. Das ist richtig. Aber wir suchen nicht nach deiner Liebe. Ganz sicher nicht. Denn deine Liebe heilt und erlöst gar nichts. Jedenfalls nicht bei uns. Ganz sicher nicht. Deine Fachkompetenz ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht ausreichend, um irgendwas Positives bei uns zu bewirken. Von Heilung und Erlösung ganz zu schweigen. Deshalb lass‘ uns bitte in Ruhe. Und wenn du unbedingt helfen, heilen und erlösen musst, dann fang‘ bei dir selber an.
Hilf dir, heile und erlöse dich selber.
Du wirst feststellen, dass du da hinreichend zu tun hast.
Kommen wir nun aber zurück zum Schweigen.
Wir reden nicht.
Was ist da zu tun?
Zunächst mal:
Kläre, warum dich das stört.
Was ist für dich so schlimm daran, dass wir nicht reden?
Kläre das nicht mit uns, kläre das mit dir selber.
Wir sind nicht auf der Welt, damit dir klar wird, was Schweigen und Stille bedeuten.
Wenn du das geklärt hast und immer noch willst, dass wir reden, dann haben wir zwei simple Regeln, die du befolgen kannst. Wenn du sie befolgst, dann garantiert das noch lange nicht, dass wir reden. Aber es wird immerhin wahrscheinlicher, dass wir reden.
1
Sei still.
2
Bleibe still.
Bleibe auch dann still, wenn wir geredet haben.
Ganz einfach also.
Aber ist das auch einfach für dich?
Nach unserer Erfahrung ist das für beinahe jeden Menschen, dem wir begegnen, geradezu unfassbar schwer.
1
Die Menschen sind nicht still.
Sie reden.
Wenn sie überhaupt irgendwas tun, dann das – sie reden.
2
Falls sie tatsächlich still sein sollten – was echt nicht häufig vorkommt -, dann neigen sie sehr oft dazu, unser Reden als Einladung zum allgemeinen Sprechen misszuverstehen. Sie plappern dann los wie eine Nähmaschine.
Bei Trinkgelagen pflegten die alten Römer auszurufen:
„Nunc est bibendum!“ – Jetzt wird getrunken!
Wenn wir gesprochen haben, wandeln beinahe alle Menschen, die wir kennen, diesen Spruch ab:
„Nunc est fabulandum!“ – Jetzt wird geplaudert!
So ist das aber nicht gedacht.
Wer unser Reden als Einladung missversteht, selber loszureden, der kann sicher sein, dass wir uns sofort wieder ins Schweigen zurückziehen. Ganz sicher.
Sei still, wenn wir geredet haben, sonst erschrecken wir vor dem, was wir da mit unserem Sprechen ausgelöst haben und verschwinden wieder. Sei still, sonst bekommst du uns nicht zu sehen.
Befolge also diese beiden Regeln, und die Wahrscheinlichkeit steigt, dass wir reden.
Wir können dir aber keine Garantie geben, dass wir dann reden.
Wenn du nicht still bist, dann bekommst du von uns weiterhin nur den öffentlichen Stiller zu hören und sonst nichts. Das allerdings können wir dir garantieren.
Den meisten Menschen scheint es vollkommen auszureichen, wenn sie den öffentlichen Stiller kennenlernen können.
Für uns ist das völlig ok.
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