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Mut nach innen – Aufzeichnungen eines mutigen Kaninchens

Heute soll es um das Thema Mut gehen.

Mal sehen, was mir als ausgewiesenem Feigling zu diesem Thema so alles einfällt.

 

 

1

Die Definition des Begriffes

 

Der Wahrig (Deutsches Wörterbuch) definiert Mut so:

„(…) dass man sich traut und fähig ist, etwas zu wagen, das heißt, sich beispielsweise in eine gefahrenhaltige, mit Unsicherheiten verbundene Situation zu begeben.“

 

Ok.

Ich denke, mit der Definition kann ich in diesem Text arbeiten. Und ich anerkenne den Mut derer, die den Wahrig herausgebracht haben, ein so eigentümliches Wort wie „gefahrenhaltig“ zu kreieren und in einem Buch namens „Deutsches Wörterbuch“ in den Umlauf zu bringen. „Bleihaltig“ kenne ich ja, aber „gefahrenhaltig“? – Sehr seltsam.

 

 

2

Mut als Persönlichkeitseigenschaft

 

Ich höre und lese immer wieder von mutigen Menschen. Die angesagten Kinofilme scheinen voll zu sein von Menschen, die unglaublich mutige Dinge tun. Kriegerische Situationen wie in der Ukraine scheinen allenthalben Heldenmut zu Tage zu fördern. Und überhaupt – mutige Politiker, mutige Alltagshelden, mutige Einzelpersonen, mutige Gruppen … Mut allenthalben.

 

Mein Kenntnisstand ist, dass die wissenschaftlich arbeitende Psychologie bislang keine stabile Persönlichkeitseigenschaft finden konnte, die sich als „Mut“ beschreiben ließe. Natürlich gibt’s haufenweise Untersuchungen zum individuellen Risikoverhalten und zu „Sensation Seeking“. Sensation Seeking ist nach meinem Kenntnisstand ein recht stabiles Persönlichkeitsmerkmal, aber es korreliert nur wenig mit Mut.

 

Mit anderen Worten:

Wenn von jemandem gesagt wird, dass er mutig ist, dann ist zu hinterfragen, in welchen ganz konkreten Situationen er mutig ist.

Unter Umständen wagt es so ein Mensch, einer angreifenden Elefantenherde allein und unbewaffnet entgegenzutreten und sie nur durch sein mutiges und beherztes Verhalten aufzuhalten, während er sich auf der anderen Seite nicht traut, seinem Lebenspartner Widerworte zu geben.

 

 

3

Mut nach außen

 

Mit „Mut nach außen“ meine ich, dass wir ein mutiges Verhalten zeigen, das nach außen wirksam ist. 

 

Ich will im weiteren in der Hauptsache von mir schreiben. Vor allem deshalb, weil ich den Eindruck habe, anderen Menschen in dieser Sache Unrecht zu tun. Denn ich kann nicht einschätzen, in welchem Maße sie mutig sind und in welchem Maße sie das nicht sind.

 

Bin ich nach außen mutig?

Eher nicht.

Ich würde mich tatsächlich als einen ziemlichen Feigling beschreiben. Ich bin ein sehr ängstlicher Mensch, und meinen Ängsten auszuweichen ist Teil meines Naturells.

 

Einfaches Beispiel:

 

Ich wohne im Erdgeschoss eines Hochhauses. 56 Parteien, 12 Stockwerke. Das Haus steht etwas abseits von einer Kleinstadt am Feldrand. Hinter den Feldern beginnt der Wald.

 

Vor ein paar Jahren wurde ich mitten in der Nacht durch laute Hilfeschreie geweckt, die aus der Wohnung unter uns kamen – einer Souterrainwohnung. Eine erwachsene Frau schrie gellend um Hilfe, und dann war auf einmal alles wieder still.

 

Ja, und jetzt?

 

Das konnte so ziemlich alles bedeuten. Ich besprach mich mit der Frau, mit der ich de jure verheiratet bin. Die war auch durch die Schreie geweckt worden. Und so beschlossen wir, dass ich einmal ums Haus herumgehen sollte, um zu gucken, ob Licht in der Wohnung zu sehen war oder ob es Einbruchsspuren gab.

Das machte ich.

Es war kein Licht zu sehen. Ich konnte keine Einbruchsspuren entdecken.

 

Ja, und jetzt?

 

Ich rief die Polizei an – 110. Ich schilderte die Situation und fragte, ob sie mir einen Rat geben könnten, was ich jetzt tun solle. Konnten sie:

„Bleiben Sie, wo sie sind. Wir kommen.“

Knapp ausdrücken können sie sich ja, die Jungs von der bewaffneten Staatsgewalt.

 

Ich blieb also, wo ich war. Sie kamen – Sondereinsatzkommando – vier Mann, volle Kriegsbemalung:

Helm, Schutzschild, Waffen, noch mehr Waffen, die Bekleidung war eher eine Rüstung als eine Uniform – Knieschützer aus Metall, Schulterschützer aus Metall, Sicherheitshandschuhe, schusssichere Weste und so weiter. Tactical Gear nennt man sowas wohl. Meine Kleinen fragten mich, ob sich diese Männer auf den Dritten Weltkrieg vorbereitet hätten. Das konnte ich ihnen auch nicht beantworten.

 

Diese Krieger wollten wissen, wo die Wohnung war, aus der die Schreie gekommen waren. Wir schilderten es ihnen.

Und dann nahmen die Dinge ihren Lauf. Wir waren im Erdgeschoss, die Polizisten begaben sich durch das Treppenhaus ins Souterrain. Die Wohnung unter uns wurde nach allen Regeln der Kunst gestürmt. … Schreie, schweres Dröhnen, Rumpeln, Poltern, Scheppern, Kampfgetümmel …

 

Wir waren froh, dass wir da nicht rein mussten und ganz woanders waren. Wir sind in solchen Situationen immer froh, wenn andere für uns mutig sind.

 

Wir haben in den letzten Jahren schon mehrfach die Polizei gerufen – in ganz unterschiedlichen Situationen. Wenn wir in Gefahr geraten, dann ist es uns sehr lieb, wenn jemand anders das alles auf sich nimmt und für uns mutig ist und kämpft.

 

 

Ähnliches gilt, wenn wir die Feuerwehr bei Brandeinsätzen erleben. Die Feuerwehr haben wir auch schon mehrfach gerufen in den letzten Jahren.

 

Ein Beispiel:

 

Wir sind gegen 02:00 nachts mit unserem Auto auf einer Dienstreise und brauchen Sprit. Wir fahren eine uns bekannte Tankstelle in der Nähe von Aschaffenburg an, wo Tankautomaten stehen, die rund um die Uhr in Betrieb sind.

 

Wir füttern 50 Euro in den Automaten, stecken den Tankrüssel in den Tankstutzen unseres Autos und drücken auf den Hebel, der die Pumpe in Gang setzt.

Die Pumpe beginnt zu arbeiten.

Es kommt aber kein Diesel. Es kommen sehr hässliche Geräusche aus den Tiefen der Tanksäule. Geräusche, die so klingen, als würde da unten ein stahlfressendes Alien sitzen und ein Müsli verspeisen, das aus Schrauben und Muttern besteht.

 

Dann steigt Rauch aus der Tanksäule. Weiß-grauer Rauch. Weiß-grauer Rauch in ziemlichem Umfang – Schwaden von weiß-grauem Rauch wabern aus der Tanksäule und hüllen sie in Nebel. Es riecht seltsam verbrannt. Das Alien in der Tanksäule knuspert ungerührt weiter sein Schrauben-und-Muttern-Müsli. Muss wohl ziemlich hungrig sein, dieses Alien. Der Rauch wabert und wabert. Und das Alien knuspert. Es riecht ziemlich brenzlig.

 

Ja, und jetzt?

Gibt’s hier gleich eine Explosion und einen Feuerball, oder was?

Wie geht das hier jetzt weiter?

Was soll ich jetzt tun?

 

Ich muss sowas nicht wissen. Sowas wissen andere für mich. Natürlich habe ich mich sofort in Sicherheit gebracht, die 112 angerufen, die Situation geschildert und gefragt, was ich jetzt machen sollte.

 

„Machen Sie nichts. Wir kommen.“

Ich machte nichts. Sie kamen.

 

 

Letztlich ist in dieser Situation nichts schlimmes passiert. Aber als die Feuerwehr in Kompaniestärke anrückte (die Polizei hatte sie auch gleich mitgebracht), dachte ich, dass diese Leute nach so einem Notruf nie wissen, was sie am Einsatzort erwartet. Dass sie immer in unbekannte und ziemlich gefährliche Situationen reingehen und dabei oft genug ihr Leben riskieren.

Ich tue sowas nicht.

Ich bin immer sehr froh, wenn andere das für mich tun.

 

 

4

Mut nach innen

 

Mit „Mut nach innen“ meine ich, dass wir ein mutiges Verhalten zeigen, das nach innen wirksam ist. Vor allem geht es darum:

Stelle ich mich meinen tiefsten Ängsten (und dem, was danach kommt) oder stelle ich mich dem nicht?

 

Wenn ich das nicht unbedingt muss, stelle ich mich meinen inneren Ängsten auch nicht. Ich bin auch nach innen ein ziemlicher Feigling. Ich bin von oben bis unten vollgestopft mit Ängsten, und wenn ich irgend kann, dann gehe ich da nicht hin. Mutig bin ich nicht.

 

Das fiel auch meinem ersten Therapeuten immer wieder auf. Oder präziser: Das fiel ihm immer wieder sehr unangenehm auf. In den ersten Jahren dieser Therapie machte er mich immer wieder an, ich sei ein Tiger, der sich wie ein Kaninchen fühle und verhalte.

Ihm gefiel es nicht, dass ich nicht so bereitwillig in angstbesetzte Situationen hineinging wie seine anderen Klienten. Er traute mir da viel, viel mehr zu als ich mir.

 

Ich konnte mich damals in keiner Weise als den Tiger sehen, den er offenbar immer in mir sah. (Ich war der einzige, dem er das immer wieder an den Kopf warf). Auch heute sehe ich mich viel mehr als dicken, großen und ziemlich tapsigen Bären als als irgendeine Raubkatze, groß oder klein.

 

Aber damals war ich mit der Beschreibung „Kaninchen“ völlig einverstanden. Kaninchen haben lange Ohren, mit denen sie allerlei niedliche Sachen anstellen können, und in Sachen Schreckhaftigkeit, Furchtsamkeit und Fluchtverhalten sind wir durchaus vergleichbar. Auch ich verstecke mich lieber in den tiefsten, unerreichbarsten und finstersten Löchern und warte, bis die Luft wieder rein ist, anstatt mich dem inneren Feind zu stellen.

 

Und nach der inneren bösen Mutter treten oder gar auf sie draufhauen, wie es in dieser Therapie gang und gäbe ist, das kam ja schon mal gar nicht in Frage. Wenn ich damit anfing, schnürte mir die Angst derart die Luft ab, dass an weitere intensive Bewegung oder gar an Rumschreien nicht mal im Ansatz zu denken war. – Kaninchen eben ... Wo ist ein tiefes, unerreichbares Loch, in dem mich verstecken kann, bis das hier alles wieder vorbei ist?

 

„Du musst in der Therapie mehr Mut zeigen“, herrschte mich der Therapeut in der Abschlussbesprechung an. „Du bist ein Tiger, aber ich erlebe bei dir immer nur ein Kaninchen.“

„Ja“, dachte ich, „Ganz genau. Und für ein Kaninchen war das, was ich heute gezeigt habe, sogar extrem mutig.“

Das sagte ich ihm aber nicht. Wozu auch? Ich war sehr zufrieden mit mir. Ich war sehr zufrieden mit mir, und das war alles, was ich wissen musste. Dass ich nicht seinen Erwartungen entsprach, damit konnte ich gut leben. Dass ich damit so gut leben konnte, damit hatte er manchmal so seine Schwierigkeiten. Er wurde nicht schlau aus mir. Er wurde nie schlau aus mir, obwohl wir 16 Jahre zusammenarbeiteten. Aber auch damit konnte ich gut leben. Es reicht in meiner Welt vollkommen, wenn ich schlau aus mir werde.

 

Mein Therapeut war auf seinem Gebiet sicher einer der besten. Nie habe ich jemanden getroffen, der auf seinem Gebiet auch nur annähernd an ihn heranreichte. Und mit den Jahren lernte ich in seiner Therapie dazu. Allmählich traute ich mich auch an die dickeren Brocken ran. Ich machte immer das, was mein Körper gerade freigab. Allmählich gab er mir den Blick auf den Feind frei. Der Feind – das sind immer die schlechten Teile der Eltern (oder anderer Erwachsener), die immer noch in unserem Herzen wohnen. Diese Teile bekommst du nicht aus dir raus, indem du ihnen einen amtlich beglaubigten Räumungsbefehl zustellst oder ihnen irgendwelche Bittschriften übergibst. Und es hilft kein bisschen, wenn du nur darüber redest, dass es da einen Feind in deinem Herzen gibt, wie schlecht er dich heute noch behandelt, und dass er endlich mal aus dir verschwinden sollte. Den Feind musst du schon aus dir rausprügeln, rausschreien und rausbomben. Freiwillig geht der nicht. Und oft genug musst du ihn auch tothauen. Du musst ihn sogar wieder und wieder und immer wieder tothauen. Der Feind, den wir in uns tragen, ist zäher als sonstwas. Mach‘ was dran.

 

Da, wo der Feind in dir wohnt, da ist auch die Angst. Je näher du dem Feind kommst, desto größer wird die Angst. Und wenn du glaubst, du hättest dich in deinem bisherigen Leben schon genug gefürchtet und wüsstest, was Angst ist – gar nichts weißt du!

Ich bin auch heute noch, in meiner zweiten Therapie, immer wieder überrascht, in welchem Maße sich Angst steigern und fühlen lässt. Meine Kleinen nennen mich schon seit vielen Jahren respektvoll den Meister, weil ich in der Therapie in buchstäblich alle Situationen reingehe. Angst, die mich früher nach wenigen Sekunden buchstäblich getötet oder dauerhaft um den Verstand gebracht hätte, wische ich heute mit einer achtlosen Handbewegung beiseite: „Gib mir mal was richtiges zu tun!“

 

Und mein Körper gibt mir was richtiges zu tun. Oh ja! Ich muss ihn nur freundlich bitten, und schon gibt er die nächste Dosis Angst frei.

Und was ich dann geboten bekomme und erlebe, das spottet wirklich jeder Beschreibung. So viel Todesangst steckt noch in unserem Körper fest!

 

Hinter der Angst kommt noch einiges anderes. Die Angst ist nur wie ein Tor, durch das man hindurchgehen muss, um zum Feind zu kommen. Aber was da kommt, das beschreiben wir hier nicht, und wir wissen auch nicht, ob wir es je tun werden. Hier und da haben wir es in diesem Blog schon mal in dürren Worten angedeutet. Aber vermutlich ist es so, dass alle Worte hinter diesem Tor enden, und dass jeder, der wissen will, was hinter diesem Tor kommt, sich schon selber auf die Socken machen muss. Und da jeder Mensch dieses Tor in sich hat, braucht er auch nicht allzu weit zu gehen.

 

Bin ich mutig? Ist der Meister mutig?

Vielleicht.

Wir gehen da hin, wo sich andere nicht hintrauen.

Wir gehen da hin, wo andere nicht hingehen.

Aber nach allem, was wir sehen können, sind wir nur ein mutiges Kaninchen, mehr nicht.

 

Wir gehen regelmäßig all in.

Der Feind setzt alles - wir setzen alles. Wir setzen unser Leben. Buchstäblich. Und dann gucken wir mal, wer gewinnt. Wir setzen unser Leben nicht deshalb als Einsatz, weil wir nichts besseres zu tun haben oder uns langweilen oder weil wir ein gewissenloser Desperado sind. Wir setzen unser Leben als Einsatz, weil das für uns die einzige Weise ist, auf die wir uns vom Feind befreien können. Wir haben lange genug das Leben des Feindes gelebt, jetzt wollen wir unser Leben leben. Damit wir das können, müssen wir all in gehen – wieder und wieder und immer wieder.

 

„Sie sterben mir doch heute nicht auf der Matte?“ fragte uns jüngst wieder unsere Therapeutin voller Sorgein der Vorbesprechung.

Wir können auf diese Frage keine gültige Antwort geben. Das haben wir noch nie gekonnt. Wenn der Tod kommt, dann weichen wir ihm nicht aus. Aber wir werden sicher keine unnötigen Risiken eingehen. Dass wir in der Therapie nicht nur in den Tod gehen, sondern tatsächlich sterben, ist keinesfalls ausgeschlossen. Es ist recht unwahrscheinlich. Aber es ist möglich.

 

Das ist unser Weg, und den gehen wir.

Da kennen wir nichts.

Keines unserer Kleinen muss in diese Situationen rein. Der Meister geht für sie da rein. Aber riskant ist es trotzdem – für uns alle. Und „angenehm“ geht anders.

 

 

5

Ausblick

 

In unserer Welt gilt: Der Feind steht innen. Immer. Er steht nicht außen.

Aber nach unserer Erfahrung richten alle Menschen, die öffentlich als mutig beschrieben und bestaunt werden, ihren Mut nach außen.

 

Die mutigen Menschen besteigen Achttausender ohne Sauerstoff und beinahe barfuß.

Die mutigen Menschen stellen sich einer Rotte von Angreifern entgegen.

Die mutigen Menschen riskieren ihr Leben bei Großbränden.

Die mutigen Menschen sprechen unbequeme Wahrheiten aus und gehen sehenden Auges in den resultierenden Shitstorm, in den wirtschaftlichen Ruin oder ins Arbeitslager.

Die mutigen Menschen retten ihre Kinder aus größter Gefahr.

Und so weiter.

 

Wir wissen nicht, ob wir solchen Mut aufbringen würden. Wenn unsere Töchter in Gefahr sind, dann ja. Da haben wir schon ganz abstruse Situationen gemeistert mit einem Mut, der uns ansonsten völlig fremd ist. – Aber in allen anderen Situationen?

Eher nicht!

 

Wir kämpfen, wenn wir unbedingt müssen und es sich wirklich nicht mehr vermeiden lässt. Und wir raten dringend davon ab, sich mit uns anzulegen und uns in die Ecke zu treiben. Aber solange wir angesichts der Gefahr davonlaufen können, tun wir das. Wir sind ja nicht bescheuert.

 

Wenn uns von außen Gefahr droht, dann ist es beinahe ein Reflex in uns, zu gucken, wer denn für uns kämpfen könnte: Menschen, die dafür bezahlt werden. Menschen die dafür ausgebildet und ausgerüstet wurden. Menschen, die viel mutiger sind als wir - Polizei, Feuerwehr, Bundesgrenzschutz, Custers sechste Kavallerie, die Marines – irgendwer halt.

 

Über den Kampf gegen den Feind, der innen steht, wird nach unserer Erfahrung beinahe nie öffentlich berichtet.

Nach allem, was wir sehen können, sind diese Art von Kampf und Mut in der Öffentlichkeit beinahe unbekannt.

Interessanterweise musst du diesen Kampf immer völlig auf dich selbst gestellt führen. Du kannst dir vielleicht mutige und wohlmeinende Wesen und Kräfte an die Seite stellen, die dich begleiten und beschützen. Aber den eigentlichen Kampf gegen den Feind, den musst du immer selbst führen. Da rettet dich keine Kavallerie und du kannst auch keinen Notruf wählen.

 

Einschub

Die Psychotherapeutin Gabriele Kahn verfolgt einen therapeutischen Ansatz, bei dem man im Inneren nicht selber kämpfen muss, sondern andere das für sich tun lässt. Wir haben uns das angeschaut und für uns verworfen. Das bedeutet aber nicht, dass es für alle anderen auch nicht in Frage kommt. Unsere Kleinen schüttelten energisch den Kopf, als ich ihnen das vorstellte, und das ist alles, was ich als Großer wissen muss.

Einschub Ende

 

Wir erleben es so, dass die meisten Menschen, die einen Feind im Außen bekämpfen, nicht den Mut aufbringen, sich gegen ihren eigentlichen Feind zu wenden. Lieber aktivieren sie all ihre Ressourcen für das Außen als auch nur einen Schritt dem Feind innen entgegenzutreten.

 

Dein schlimmster Feind steht aber innen. Immer. Was auch immer du im Außen an Feinden findest und bekämpfen musst – in dir sieht es viel schrecklicher aus. Immer. Dein eigentlicher Feind steht innen. Immer. Nur dort kannst du ihn finden, angreifen und vernichten. Wenn du versuchst, diesen Feind im Außen aufzuspüren, zu bekämpfen und zu vernichten, dann gehst du in die falsche Richtung und vergeudest enorm wichtige Ressourcen.

 

Natürlich ist es wichtig, dass du dafür sorgst, dass du im Außen sicher und geschützt bist, bevor du dich nach innen wenden kannst. Ohne jede Frage. Bevor du dich nach innen wenden kannst, musst du im Außen aufgeräumt haben und in Sicherheit leben können. Aber wichtig ist es, dass du bei diesem Kampf im Außen nicht stehen bleibst bzw. dass du dir nicht beständig neuen Ärger im Außen aufhalst, bloß damit du deine Aufmerksamkeit und deine Energien nicht nach innen wenden musst.

 

Mutige Menschen greifen den Feind innen an.

Die anderen Menschen sind auch mutig, keine Frage. Dieser Mut ist wertvoll und aller Ehren wert. Doch es ist ein anderer Mut.

 

Über den Mut nach außen berichten Sagen und Erzählungen, seit es Menschen gibt. Bücher, Geschichten, Legenden, Lieder, Opern, Filme, Comics … Mut nach außen.

 

Über den Mut nach innen berichten wir. Wer ihn nicht aufbringt, der zeigt das, was wir in unserer Welt „Feigheit vor dem Feind“ nennen.

 

Die meisten Menschen, denen wir begegnen, scheinen ihre Feigheit vor dem Feind durch mutige Aktivität nach außen kompensieren zu wollen. Das ist ihr gutes Recht. Und es ist völlig zwecklos. Im Außen kannst du dich buchstäblich zu Tode siegen, ohne im Inneren auch nur einen Millimeter voran zu kommen. Dann gewinnst du jeden Krieg, aber du verlierst den Frieden.

 

Wir schauen uns das an und zucken mit den Schultern:

Jeder, wie er will und meint.

 

In unserer Welt gilt:

Der Feind steht innen.

Immer.

 

 

Und das alles hier hat Ihnen ein mutiges Kaninchen aufgeschrieben.

 

(Unsere Kleinen ergänzen diesen Satz:

„… auch, wenn dieses Kaninchen groß und stark ist wie ein Bär.“

 

Und dann kichern sie lange und anhaltend).

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