Das ist auch so eine Sache, die mich an den NTs kolossal nervt: Ganz viele von ihnen versuchen, mir ungefragt zu helfen. Sie können nicht anders.
Oder präziser:
Sie drängen mir das auf, was sie für Hilfe halten. Hilfe, um die ich nie gebeten habe und die objektiv völlig unnötig ist. Sehr gerne sind sie dabei distanzlos und übergriffig.
Ich will diesen Text so strukturieren:
1. Beispiele, welches Verhalten gemeint ist.
2. Schilderung, was dieses Verhalten in mir auslöst.
3. Vermutungen, warum NTs das tun.
4. Zwei Analogien, die verdeutlichen, was die NTs da die ganze Zeit machen.
Die Beispiele
1
Ich bin irgendwo zu Fuß unterwegs und will ein Gebäude betreten. Um das zu tun, muss ich eine Tür passieren. Diese Tür fällt von selber zu. Man kann sie aber ohne jede Mühe öffnen. Ich bin noch über 30 Meter von der Tür entfernt. Ein NT, der sich zufällig gerade im Bereich der Tür befindet, hält sie mir auf. Er nimmt Blickkontakt mit mir auf.
Und wartet.
Und wartet.
Und wartet.
2
Ich sitze bei der Arbeit in meinem Büro an meinem Schreibtisch und bin sehr konzentriert. Ein NT sieht mich da sitzen und spricht mich an:
„Ich geh‘ einen Kaffee holen. Soll ich dir einen mitbringen?“
3
Ich bin privat bei NTs eingeladen. Ich komme da an und wickle wie ein Profi die ganzen sinnbefreiten Begrüßungsrituale ab, die die NTs so drauf haben.
Dann werde ich an einen Tisch geleitet und darf mich setzen. Daraufhin entwickelt sich dieser Dialog:
NT: „Willst du vielleicht was trinken? – Wasser, Kaffee, Tee … ?“
Stiller: „Nein, danke. Ich habe keinen Durst.“
NT: „Wir haben auch Apfelsaft da, wenn dir das lieber ist. Selbstgepresst aus unserem Garten.“
Stiller: „Das ist sehr nett von dir. Aber ich habe keinen Durst.“
NT: „Oder willst du lieber ein Bier? Wir haben Pils da und Hefeweizen.“
Und so weiter – ad infinitum.
4
Ich bin in einem Gespräch mit einem NT, den ich nicht so gut kenne (Arzt, Amtsträger, Respektsperson – irgendwas in der Art). In diesem Gespräch werde ich begleitet von einem anderen NT, der glaubt, mich sehr gut zu kennen.
Der NT, den ich nicht so gut kenne, fragt mich was. Seine Frage überrascht mich, und ich muss erst mal nachdenken, was er von mir will, und was ich antworten will.
Ich schweige.
Der NT, der glaubt, mich sehr gut zu kennen, antwortet auf einmal für mich - ungefragt und unaufgefordert.
5
Ich trage in einem öffentlich zugänglichen Raum ziemlich viel kleinteiligen Krempel. Irgendwas davon fällt mir runter. Ein NT stürzt geradezu herbei und sagt mir:
„Warten Sie, ich heb’s Ihnen grad auf.“
Das tut er, ohne meine Reaktion abzuwarten und nötigt mir anschließend Small-Talk auf. Er hat mir geholfen, also darf er mich jetzt auch zutexten.
6
Ich sitze irgendwo schweigend in der Gegend rum und nehme wahr und denke nach. Ich bin sehr konzentriert. Ich bin sehr bei mir.
Ein NT kommt vorbei und spricht mich an:
„Du sitzt da so alleine …“
7
Ich komme an meinen Schreibtisch – oder an einen anderen Ort, der eindeutig mir zugeordnet ist – und stelle fest, dass in meiner Abwesenheit irgendwer aufgeräumt und oder geputzt hat.
8
Ich sitze in der Gegend rum. Mir geht es wirklich nicht gut. Irgendein NT, dessen seelisches Grundnahrungsmittel das Leid anderer ist, spürt das. Er kommt des Weges und zwingt mir ein Gespräch auf. Seine Einladung an mich, ihn zu betanken, endet mit der Aufforderung:
„Komm, du kannst mir alles erzählen.“
Die anderen Beispiele
Es gibt noch eine andere Klasse von Verhalten. Dieses Verhalten ist von anderer Bauart und hat eine andere Zielsetzung als das eben beschriebene. Aber auch dieses Verhalten ist geprägt durch Hilfeverhalten, das ich als total distanzlos und übergriffig erlebe.
a
Mein Chef weiß, dass ich sehr ungern in Teams arbeite und meine Aufgaben lieber still für mich abarbeite. Um mich zu trainieren gibt er mir nur noch Aufgaben, die intensive Teamarbeit erfordern. Das tut er ungefragt und unabgesprochen. Monatelang arbeite ich jetzt fast ausschließlich in Teams.
(Glaubenssatz stark)
b
Ein NT, der sich für meinen Freund hält, baut enormen sozialen Druck auf, um mich dazu zu nötigen, mit auf eine Feier zu kommen, damit ich „endlich mal wieder unter Leute“ komme. (Glaubenssatz stark).
c
Ein NT, mit dem ich gut vertraut bin, erlebt mich bei einem Gespräch mit einem anderen. Nach diesem Gespräch sagt mir dieser NT ungefragt:
„Du musst aber lernen, mehr Blickkontakt beim Gespräch zu halten, sonst denken die Leute, dass du ihnen nicht zuhörst.“
(Glaubenssatz besser)
d
Ich spreche zu einer größeren Gruppe von NTs. Dieser Vortrag kommt sehr gut an. Nach diesem Vortrag kommt ein NT – der mich vorher noch nie gesehen hat und von meinem Thema auch deutlich weniger Ahnung hat als ich – auf mich zu und weist mir (mit viel Zeitverbrauch) meine zahlreichen Fehler in meinem Verhalten nach.
(Glaubenssatz besser)
Was das in mir auslöst
1
Wut. Enorme Wut.
Lasst mich in Ruhe mit eurem Scheißdreck! Geht nach Hause und puhlt euch zwischen den Zehen oder füttert die Enten im Park, oder bringt einem Luftballon das Sprechen bei, aber lasst mich in Ruhe!
2
Rückzug.
Ich will mit euch nichts mehr zu tun haben.
Ich erlebe euch als total distanzlos und übergriffig. Ich habe euch nichts getan! Das, was ihr da macht, ist so, als hättet ihr euch einen Schlüssel zu meiner Wohnung besorgt, oder als würdet ihr mir die Wohnungstür eintreten. Ihr dringt da völlig ungefragt und ungebeten in mein Leben ein. Lasst das! Das ist mein Leben, in dem ihr da rummurkst!
Ich weiß aus Erfahrung, dass ihr das nicht lassen könnt, auch wenn ich euch dutzende Male darum gebeten habe. Ihr habt das Neurotypische Syndrom. Und das bedeutet: Ihr könnt mich nicht in Ruhe lassen. Auf der anderen Seite: Ihr seid viel zu viele, als dass ich mich nachhaltig gegen euch wehren könnte, also muss ich mich noch weiter von euch zurückziehen.
Warum tut ihr NTs das?
Ursprung des Verhaltens in den Beispielen 1 - 7
Ganz einfach – das ist eure Art in der Welt zu sein. Ich beobachte euch ja nun schon seit Jahrzehnten. Daher weiß ich: Für euch ist das völlig normal – und oft genug auch sehr erwünscht – dass da jemand auf diese Weise ungefragt in euer Leben eindringt. Ihr erlebt das als willkommene Bereicherung in eurem Leben. Das, was ich als völlig distanzlos, übergriffig und wirklich verstörend erlebe, das ist für euch sehr häufig eine Quelle der seelischen Energie: Ihr helft einander ungefragt, haltet dabei ein Schwätzchen, und allen Beteiligten geht es danach besser. Ihr helft einander auch bei den Dingen, wo es objektiv völlig unnötig ist, um dem anderen was Gutes zu tun. (So eine Tür zum Beispiel – die kriege ich tatsächlich auch alleine auf, und wo der Kaffeeautomat ist, das weiß ich auch).
Dieses Verhalten ist für euch völlig selbstverständlich und meistens auch sehr gewünscht – ihr nennt das „Gastfreundschaft“ oder „Hilfsbereitschaft“. Ihr erlebt das so, dass ihr fürsorglich seid oder auf die Schwächeren achtet. Und wer solches Verhalten nicht zeigt – zum Beispiel aus tief empfundenem Respekt vor der anderen Person –, der läuft ganz schnell Gefahr, von euch sozial gebrandmarkt zu werden. Der ist für euch dann „unhöflich“, „unsensibel“, „kalt“ oder ganz einfach „herzlos“. Ja, ihr NTs wisst Bescheid, wie das geht, mit dem sozialen Leben. (Ironie).
Für mich ist das nur ein Teil des ständigen Drucks, den ihr auf mich ausübt. Wenn ich einem von euch ins Gesichtsfeld gerate, muss ich mich innerlich darauf einstellen, dass er Kontakt mit mir aufnehmen wird. Er wird irgendeinen Vorwand konstruieren, um mit mir in den Smalltalk zu kommen, um sozial und emotional betankt zu werden. Und oft genug ist dieser Vorwand eben Hilfe, die ich nicht brauche, und um die ich auch nicht gebeten habe. Wenn ich das alles rundheraus ablehne, werde ich sozial abgekanzelt. – All das löst eine ziemliche Anspannung in mir aus.
Natürlich erlebt der eine oder andere NT ungefragte und objektiv unnötige Hilfe auch als unangenehm. Aber dann ist es nach meinen Beobachtungen nicht die Tatsache, dass da jemand ungebeten in sein Leben eindringt, sondern nur die Dosis bzw. die Intensität mit der er das gemacht wird.
Ursprung des Verhaltens im Beispiel 8
Zu dieser Sorte NTs will ich noch einen gesonderten Blogtext schreiben. Aber inhaltlich gehört er hier schon mit rein. Es handelt sich in diesem Beispiel um einen Menschen, der „Hilfloser Helfer“ genannt wird.
Hilflose Helfer ernähren sich vom Leid und vom Missgeschick anderer. Sie tun das unter der Maske dessen, der selbstlos helfen will. In Wirklichkeit aber ernähren sie sich vom Leid und vom Missgeschick anderer.
Der psychische Mechanismus ist dieser:
Diese Menschen fühlen sich innerlich sehr, sehr schlecht und bedürftig, glauben aber, dass sie die Fassade eines makellosen und starken Helfers aufrecht erhalten müssen. Um ihre eigene (riesige) Bedürftigkeit nicht spüren zu müssen, nötigen sie anderen die Hilfe auf, die sie eigentlich selber gerne hätten.
Dabei ist das, was sie tun, nur in den seltensten Fällen hilfreich. Denn innerlich weiß ein hilfloser Helfer, dass er seelisch verhungern muss, wenn es anderen besser geht als ihm. Daher wird jeder hilflose Helfer unbewusst absichtlich alles tun, um seine offiziellen Hilfsabsichten zu sabotieren. Hilflose Helfer entwickeln andere Menschen also zu dauerhaft Hilfsbedürftigen. Wenn jemand Tendenzen zeigt, autark zu werden, sabotieren sie das oder wenden sich ab.
Gerne werden Menschen, die innerlich so gestrickt sind, Psychotherapeuten, Ärzte, Sozialarbeiter, Lehrer, Streetworker oder Entwicklungshelfer. Und wenn ihre innere Bedürftigkeit besonders groß ist, engagieren sich auch noch ehrenamtlich.
(Für alle NTs unter meinen Lesern: Das bedeutet nicht, dass jeder, der sich ehrenamtlich engagiert, ein hilfloser Helfer ist. Auch hier gilt: Jede Schwalbe ist ein Vogel, aber nicht jeder Vogel ist eine Schwalbe. Dennoch: Wer sich von dieser Beschreibung getroffen fühlt, der ist gemeint. Ganz sicher).
Ursprung des Verhaltens in den anderen Beispielen
Auch dieses Verhalten hat seinen Ursprung in der Hilfsbereitschaft der NTs. Dem liegt der zentrale Glaubenssatz zugrunde: „Je ähnlicher du mir wirst, desto besser geht es dir. Deshalb werde ich dir helfen, dass es dir besser geht. (Und wenn es dich umbringt!)“
Da so ein Glaubenssatz handlungswirksam wird, ohne an der Realität geprüft zu worden zu sein, werden NTs, die durch diesen Glaubenssatz gesteuert werden, sehr schnell sehr übergriffig. Von ihnen geht eine ständige große Gefahr für mich aus, wenn sie in meiner Nähe sind.
Es gibt diesen Glaubenssatz in zwei Varianten:
a) Ich muss dir helfen, ein stärkerer Mensch zu werden.
b) Ich muss dir helfen, ein besserer Mensch zu werden.
Oben habe ich das so codiert, dass ich „Glaubenssatz stark“ und „Glaubenssatz besser“ hinter die Beispiele geschrieben habe.
Einschub
Es gibt einen weiteren Glaubenssatz, der in diesem Zusammenhang oft sehr handlungswirksam wird:
„Jeder AS ist in Wirklichkeit ein kranker (gestörter) NT.“
Da dieser Glaubenssatz meistens jedoch nur dann handlungswirksam wird und sein zerstörerisches Potenzial entfaltet, wenn ich als AS erkannt werde, lasse ich ihn an dieser Stelle außen vor.
Einschub Ende
Hunderte Male gesagt, dutzende Male geschrieben:
Lasst mich in Ruhe!
Lasst mich in Ruhe!
Lasst mich in Ruhe!
Und einfach, weil es so gut tut, das zu schreiben, hier nochmal – für alle, die erst auf Wiederholungen reagieren:
Lasst mich in Ruhe!
Das mag ganz einfach klingen – aber für beinahe alle NTs ist das ein Ding der Unmöglichkeit: Andere Menschen in Ruhe lassen, auch wenn sich Hilfeleistung gerade anbietet. Nicht ungefragt oder ungebeten in das Leben oder den Bereich des anderen eindringen, sondern ihn als Person respektieren – das ist so schwierig für NTs.
Helft mir bitte nur in diesen Fällen:
1
Ich bitte euch ausdrücklich darum. (Und sonst helft mir bitte nicht!) Ich habe z.B. Absprachen mit meinen Nachbarn, dass wir die Pakete des jeweils anderen annehmen. Wenn ihr die Hilfe mit mir absprecht und ich sie ablehnen kann, ohne dass mir ein Nachteil daraus entsteht, dann ist das völlig ok für mich. Und ganz wichtig: Wenn wir uns die Pakete übergeben, sprechen wir nur das nötigste und machen keinerlei Small-Talk!
2
Ich brauche objektiv Hilfe, kann aber nicht darum bitten – zum Beispiel nach einem Unfall.
Und falls ihr euch unsicher seid, ob ich objektiv Hilfe brauche, ich aber ansprechbar bin:
Fragt gefälligst vorher, ob ich eure Hilfe will, bevor ihr anfangt in meinem Leben rumzumurksen!
Und ansonsten gilt für alle Helferlein da draußen:
Helft euch gefälligst selbst, bevor ihr anfangt, mir zu helfen!
Zum Schluss – die Analogien
1
Liebe NTs, ich erlebe euch so (verglichen mit mir), dass ihr das Leben eines Hauptbahnhofs führt: Jeder ist da jederzeit willkommen. Es ist ein ständiges Kommen und Gehen in eurem Leben: Ein ewiges Gewusel von Leuten, die vorher gar nicht da waren, und die nachher auch nicht mehr da sein werden. In eurem Leben ist Durchzug und hektisches Gewimmel. In meinem Leben ist Stille und Ruhe. Ihr lebt das Leben eines Hauptbahnhofs. Ich lebe das Leben eines völlig abgeschiedenen Hochgebirgsklosters. Bis sich mal einer zu mir verirrt, vergehen Jahre. Und ob der dann willkommen ist und rein darf, oder ich ihn einfach ungehört vor der verschlossenen Pforte verrotten lasse, ist auch noch nicht raus.
2
Liebe NTs, stellt euch bitte folgendes vor:
Ich bin ein recht kräftiger und großer Mann (was ich tatsächlich bin).
Und ich bin der felsenfesten Überzeugung, dass jeder Mensch jederzeit in Gefahr ist, seinen Namen zu vergessen. Ein grauenhaftes Leiden, diese dauernde Namensvergesserei! (Man muss dann immer den Personalausweis rauskramen und nachlesen, wer man ist – das ist so mühsam und so peinlich!)
Aber ihr habt großes Glück!
Ihr habt sogar riesengroßes Glück!
Euer großes Glück ist, dass es mich gibt. (Das habt ihr bisher noch nicht gewusst, aber ihr werdet das gleich erleben).
Und euer riesengroßes Glück ist: Ihr begegnet mir und meinem Edding.
Ich habe nämlich immer einen dicken, schwarzen Edding bei mir, der mit einer Tinte schreibt, die nie wieder abgeht. Und sobald ihr mir nahe genug gekommen seid, packe ich ihn aus und schreibe euch blitzgeschwind euren eigenen Namen gut lesbar und für alle sichtbar auf die Stirn. So könnt ihr euren Namen nie wieder vergessen. Er steht da jetzt für alle Ewigkeit.
Ist das nicht klasse?!
Ist das nicht total klasse?!
Habt ihr ein Glück, dass ihr mir begegnet seid!
Nie wieder werdet ihr euren Namen vergessen. Ihr seht ihn ab jetzt jeden Morgen und jeden Abend im Spiegel. Und falls ihr während des Tages mal nicht mehr weiter wisst – kein Problem! Jetzt braucht ihr euch nur noch an Euresgleichen zu wenden und ihn zu fragen:
„Du, sag mal, was steht da eigentlich auf meiner Stirn?“
Die optimale Lösung!
Besser geht’s nicht!
Es ist wie in diesem alten Schlager:
„Hab‘ Sonne im Herzen und deinen Namen auf der Stirn …“
Habt ihr ein Glück, dass ihr mir begegnet seid!
Und nein, ihr braucht euch nicht bei mir zu bedanken. Sowas mache ich doch gerne. Ist mir eine Selbstverständlichkeit! Hilfsbereitschaft wurde mir in die Wiege gelegt. (Sprachbild)
Und dem nächsten von euch, der versucht, mir ungefragt zu helfen, dem werde ich auf meine Weise helfen – mit meinem dicken, schwarzen Edding!
So wahr ich hier sitze!
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lemonbalm (Sonntag, 28 Juni 2020 21:37)
Jo!
nT-Aushalter (Donnerstag, 16 Juli 2020 11:32)
Stimmt schon, durch die ungebetene Hilfe kann einem leicht der Eindruck vermittelt werden, man sei zu schwach oder zu dumm.
Ja und der Smalltalk: da gibt es auch den ich sage mal NT-Zapper:
Ich bin mit einem NT ins Gespräch vertieft, da bekommt der NT plötzlich einen Input von außerhalb (Mensch huscht vorbei, Katze miaut, Autotür schlägt,...). Sofort lässt der dann alles stehen und liegen, zappt weg, gerade so, als wäre es Feueralarm. Ich stehe dann da, vielen Dank.
Das verstehen die NTs dann unter ihrem Multitasking. Darauf sind die dann auch noch stolz. Dabei springen die über jedes Stöckchen, was man ihnen hinhält. "Bei drei uffe Bäum", eigentlich devot.
Wenn man die dann drauf anspricht wird man so dargestellt, als sei man ein monotaskender Hinterwäldler der wohl noch nie richtig Stress hatte!
Dabei ist das kein Multitasking, eher sudden change tasking :-(
Enrico Pallazzo (Mittwoch, 12 August 2020 07:58)
Als (vermeintlicher) NT komme ich mit dem Helfersyndrom meist zurecht und sehe die sinnvolle Grenze zum Türaufhalten bei etwa drei Sekunden Ankunftszeit. Was darüber hinausgeht, "nötigt" jedenfalls mich als Beholfenen, meinen Schritt ungeplant zu beschleunigen, ohne das als angenehm oder hilfreich zu empfinden. Im Zweifel unterstelle ich dem "Helfer" aber auch dann freundliche Motive und kann mit diesem Kompromiss leben.
Manche Erlebnisse mit dem Helfer-Phänomen haben aber auch mich regelrecht verärgert, weil die "Helfenden" damit Ignoranz oder sogar Rücksichtslosigkeit demonstriert haben:
1.
Als Erziehungsberechtigter hatte ich es mir von Beginn an zum Grundsatz gemacht, meinen damals noch kleinen Kindern keine Tätigkeit abzunehmen, die sie selbst verrichten können. Oft genug war ich fassungslos, mit welchem Nachdruck ich diesen Grundsatz gegen ein "helfendes" und im Übrigen unzuständigen Umfeld verteidigen musste: Gegen Passanten auf der Straße ("offenes Schuhband!", "weinendes Kind, muss abgelenkt werden!", "Wir helfen einander immer beim Klettern!"), mitunter auch gegen eine Kindergarten-"Pädagogin", die sich uns in der Garderobe aufdrängte. Manche dieser Übergriffe arteten noch in Diskussionen aus, weil ich in Fragen des Kindeswohls ausnahmsweise meine Höflichkeit ablege.
2.
Ein Kollege und ich verlassen ein Gebäude. Wir haben eine Tür in einen kleinen Vorraum zu passieren und eine weitere ins Freie. Der Vorraum fasst bequem vier Personen, er dient nur der thermischen Isolation. Mein Kollege geht voran und aufgrund der Enge gehe ich direkt hinter ihm. Als wir uns beide im Vorraum befinden, öffnet er die äußere Tür und - bleibt stehen. Es ist nämlich eine Gruppe von etwa vier Personen im Anmarsch, die das Gebäude betreten wollen. Für mich ist es gerade zu spät zum Überholen, also stehe ich eingeklemmt zwischen der Innentür, dem edlen Helfer und dem hereinströmenden Rudel herum, und darf der folgenden Helfer-Show beiwohnen. Als das Publikum völlzählig in dem kleinen Vorraum versammelt ist, macht der Helfer nicht sofort Platz sondern unterstreicht für ein paar weitere, endlos erscheinende, Sekunden im Weg stehend seine Großzügigkeit mit einem lautstarken "Bitte sehr", wobei er jeden einzelnen Beholfenen mit seinem exklusiven Blickkontakt beschenkt. Dass derart alle aufgehalten werden und wie ich mir in seinem Rücken dabei vorkomme ist uninteressant. Schließlich gilt es um jeden Preis die eigene Aufmerksamkeitsbilanz zu optimieren.
Annette (Samstag, 05 September 2020 21:04)
Dieser ganze Block ist gespickt mit Unverschämtheiten, Unwissen, Respektlosigkeit und Intoleranz. Das ist so unfassbar. So viel Hass auf NT´s macht mich fassungslos.
Stiller (Montag, 07 September 2020 01:50)
Annette, ich zwinge dich nicht, das hier zu lesen.
Wenn du das freiwillig tust, wirst du dafür gute Gründe haben.
Aber die haben dann sehr viel mit dir und sehr wenig mit mir bzw. diesem Blog zu tun.
In der Rubrik "Das Neurotypische Syndrom" schreibe ich immer wieder in dem Stil, in dem neurotypische Professoren und "Experten" über uns AS schreiben, um den NTs Hinweise zu geben, wie es sich anfühlt, sowas über sich zu lesen. Das ist dann immer wieder grob und abwertend, was ich da schreibe. Aber das ist für die Spiegelung unerlässlich.
Doch ansonsten - wenn dir dieser Blog so wenig gefällt (Unverschämtheiten, Unwissen etc.), dann nehme ich das zur Kenntnise und kann gut damit leben. Vermutlich wirst du im Internet Seiten finden, die dir besser gefallen und besser tun.
Vielleicht solltest du besser diese Seiten lesen, oder?
Hanspeter Fischer (Dienstag, 02 März 2021 20:29)
Viele diese AS Erkenntnisse hätten mir im Leben geholfen. (Alter im Gästebuch)
Ich wäre weniger verarscht worden.